Fallstudien

Bewährte Praktiken der Wanderweidewirtschaft

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Bewährte Praktiken der Wanderweidewirtschaft

Inhalt

1. Einleitung

Die Kooperative „Los Apisquillos“ betreibt Agrar- und Forstwirtschaft in Puebla de la Sierra. Die Kooperative hält rund 400 Tiere, hauptsächlich gefährdete Rassen. Sie verkauft vor allem Fleisch an Verbrauchergruppen oder Endverbraucher, aber die Genossenschaft beginnt jetzt auch Käse und Joghurt zu verkaufen, da diese Produkte stärker nachgefragt werden.

2. Grundlegende Informationen

Hauptträgers

Genossenschaft 'Los Apisquillos'

Beginn der Praxis

2000

Standort

Puebla de la Sierra, Madrid, Spain

Beteiligte Organisationen
  • Genossenschaften
Gesamtfläche der bewirtschafteten Flächen in ha
  •  500 ha
Eigentumsverhältnisse an dem für die Wanderweidewirtschaft genutzten Land
  • Gepachtetes öffentliches Land 480 ha
  • Land der Genossenschaft 20 ha
Grundlegende Produkte
  • Fleisch
  • Käse
  • Joghurt
NUTS3-Region
ES300
  • Main Farm

    Farm

  • Pastures

Glossar

3. Situation vor der Inbetriebnahme/ Veränderung/ Fortführung

Im Jahr 2000 nahm die Genossenschaft ihre Arbeit auf. Zu den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft gehörten Agrarwissenschaftler, Förster, Tierärzte und Biologen. Sie kannten sich in Puebla de la Sierra, wo sich der Hof befindet, gut aus, weil sie in den Feuerwehreinheiten gearbeitet hatten. Außerdem stammte Cristina, eines der Gründungsmitglieder, aus Puebla de Sierra und ihre Familie hat dort bereits eine lange Tradition in der Viehzucht. Zu Beginn der Tätigkeit trieb die Kooperative ihre Tiere mehrere Kilometer weit über die Wiesen der Gemeinde, die auf unterschiedlichen Höhenlagen liegen. Im Jahr 2018 begann die Kooperative mit der Wanderweidewirtschaft und legt längere Strecken zurück. Nach der Unterzeichnung eines Vertrags mit der Gemeinde Madrid wurden die Tiere rund 100 km nach La Casa de Campo getrieben. Die Kooperative hat ein kleines Haus in La Casa de Campo. Da es sich bei La Casa de Campo um einen öffentlichen Park und nicht um landwirtschaftliche Flächen handelt, erhält die Genossenschaft keine Unterstützung für das Land durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Die Schafe weiden im Sommer und Herbst auf den Weiden der Sierra del Rincón und im Winter auf den Weiden und Eicheln von La Casa de Campo. Zusätzliches Futter wird nur im Bedarfsfall bereitgestellt.

Die Anfänge waren schwierig, da der Genossenschaft die wirtschaftlichen Mittel fehlten und sie keine Infrastruktur hatte, um eine Viehzuchtgenossenschaft aufzubauen. Mit Hilfe junger Landwirte kaufte die Genossenschaft zunächst 400 Schafe, eine der letzten blonden Schafherden in Molar, und ein Jahr später eine Herde von 300 Ziegen von einem Ziegenhirten im Dorf. Die Genossenschaft hat auch Hühner, Schweine und mehrere Gemüsegärten, die die Gruppe für den Eigenverbrauch bewirtschaftet.

Die Genossenschaft kaufte nicht nur Vieh, sondern auch ein altes Haus im Dorf Puebla de la Sierra, das den Genossenschaftsmitgliedern als Wohnhaus dienen sollte. Die Genossenschaft baute ein neues Haus, wobei die alten Steinmauern mit recycelten Materialien erhalten wurden. Die Kosten waren gering, aber der Arbeitsaufwand war enorm.

4. Beschreibung der Wanderweidewirtschaft

Landschaftstyp
Tierart/ Rasse

Traditionell, autochthon: „Rubia del Molar“-Schafe, schwarze kastilische Schafe, einheimische und gefährdete Guadarrama-Ziegen

Bewegungsmuster

Die Kooperative treibt die Herde horizontal auf ihren eigenen und den kommunalen Weiden und vertikal auf den kommunalen Berg La Casa de Campo in der Stadt Madrid. Alle Bewegungen werden zu Fuß durchgeführt, wobei die Weiden und Wege genutzt werden, die die Herde vorfindet.

Art der Zusammenarbeit

Die Entscheidungsfindung erfolgt im Konsens, eine Methode mit langer Tradition. Die Genossenschaft verwaltet die Arbeitsorganisation und die Finanzen gemeinschaftlich. Das Prinzip, das die Gruppe leitet, lautet: „Jedem nach seinen Bedürfnissen“. Diese Bedürfnisse werden kollektiv festgelegt. Die Genossenschaft zahlt kein Gehalt (auch kein Taschengeld oder Unterhalt), sondern verfügt über einen Fonds, auf den jeder zugreifen kann. Jedes Mitglied nimmt sich, was es braucht, und schreibt auf, was es genommen hat. Es gibt keine Stundenpläne oder Urlaube.

Angesprochene Märkte/ Produktverkauf

Das Hauptprodukt ist Fleisch. Die Genossenschaft versucht, das gesamte Fleisch direkt an die Verbraucher zu verkaufen. Nicht verkaufte Produkte werden an Schlachthöfe oder Metzger verkauft, allerdings ohne Bio-Zertifizierung. In manchen Monaten verkauft die Genossenschaft auch Käse an die Verbraucher.

Die Schafschur ergänzt die Gruppenwirtschaft. Im Frühjahr verlassen die Mitglieder der Genossenschaft „Los Apisquillos“ Puebla de la Sierra und fahren in verschiedene Städte in Madrid und Guadalajara, um zahlreiche Herden zu scheren. Auf diese Weise erwecken sie die Tradition der Schafschur wieder zum Leben, die aufgrund des niedrigen Wollpreises fast in Vergessenheit geraten ist.

Bedrohungen und Herausforderungen

Fleisch zu verkaufen, wird immer schwieriger. Der Fleischkonsum geht bei den älteren Generationen stark zurück und ist mit dem Aufkommen des Veganismus zunehmend umstritten. Der Konsum von rotem Fleisch wird mit ungesunder Ernährung in Verbindung gebracht. Die Viehzucht wird mit Tierquälerei und Umweltproblemen in Verbindung gebracht, ohne dass zwischen den Produktionsmethoden unterschieden wird. Intensive und extensive Systeme werden in einen Topf geworfen, ohne die positiven externen Effekte der traditionellen Weidehaltung zu berücksichtigen. Die Bürokratie ist überwältigend und erfordert eine Menge Papierkram. Es werden viele Forschungen und Projekte durchgeführt, aber nur wenige dieser Aktivitäten führen zu praktischen Anwendungen, die für die Landwirte nützlich sind und ihre Arbeit erleichtern. Umweltpolitische Maßnahmen, die darauf abzielen, natürliche Systeme wieder zu verwildern, sind in Ökosystemen wie den „Dehesas“, die seit Hunderten von Jahren vom Menschen nachhaltig bewirtschaftet werden, nicht sinnvoll.

5. Getroffene Entscheidungen

Begründungen

Die Beweggründe, die die Mitglieder der Kooperative dazu gebracht haben, der Kooperative beizutreten und Wanderweidewirtschaft zu praktizieren, sind vielfältig. Die Ablehnung von Lohnarbeit, der Wunsch, die bäuerliche Kultur zurückzuerobern, mit dem Land in Kontakt zu sein und alle oberflächlichen Aspekte der Gesellschaft abzustreifen, eint die Mitglieder.

Entscheidung für die Tierart/ spezifische Rasse

Die Genossenschaft wollte helfen, eine autochthone Rasse zu erhalten, die gut an die Region angepasst ist. Es handelt sich um eine milchproduzierende Rasse, denn die Idee, Käse und andere Milchprodukte herzustellen, wurde von Anfang an angestrebt. Das Produktionssystem der Genossenschaft besteht aus zwei Herden: einer mit gefährdeten einheimischen „Rubia del Molar“-Schafen gemischt mit schwarzen kastilischen Schafen und einer weiteren mit meist gefährdeten einheimischen Guadarrama-Ziegen.

Entscheidung für das Produktionssystem

Das Produktionssystem ist vollständig extensiv und konzentriert sich auf eine agrarökologische Viehhaltung, die auf dem traditionellen silvopastoralen Modell des Dorfes basiert. Die Weidehaltung auf den Gemeinschaftsweiden und das Grasen bilden die Grundlage der Ernährung. In Spitzenzeiten wird Bio-Getreide aus der Region zugefüttert. Außerdem unterhält die Kooperative Gemüsegärten, Schweine und Bienenstöcke für den Eigenverbrauch und ergänzt damit ihre Gesamtproduktion.

Diversifizierung des Einkommens

Die Genossenschaft verfügt über mehrere Einkommensquellen. Zu den Einkommensquellen gehören Subventionen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), Einnahmen aus dem Verkauf von Fleisch und Milchprodukten, kleine Zahlungen für das Anlegen von Feuerschneisen mit Vieh und Einnahmen aus dem Scheren anderer Herden.

Multifunktionale Aspekte

Die Genossenschaft hat sich zum Ziel gesetzt, verlassene Landschaften wiederzubeleben, in denen viele Grundstücke nicht mehr dauerhaft bewohnt sind und ausschließlich für den Tourismus genutzt werden. Ein Großteil der verlassenen Flächen wurde zu industriellen Zwecken mit Kiefern bepflanzt. Dabei wurden Baumarten vernachlässigt, die für das Gebiet besser geeignet sind, wie z.B. Eichen. 

Die Kooperative arbeitet mit der Shepherd School zusammen. Die Kooperative bietet praktischen Unterricht in der Schafschur und der Ausbildung von Schäferhunden an und stellt Praktikumsplätze für angehende Hirten zur Verfügung. Die Genossenschaft führt auch ein Projekt mit Schulklassen in La Casa de Campo durch. Aufgrund der geringen Viehdichte wird eine Überweidung vermieden. Das trägt zur Regeneration der „Dehesas“ bei und düngt gleichzeitig die Felder.

6. Ausbildung/Fähigkeiten, um das "Geschäft" aufzubauen

Die Mitglieder der Kooperative haben Tiermedizin, Agronomie, Forstwirtschaft und Biologie studiert. Ein Mitglied stammt aus einer Familie mit Tradition in der Viehzucht.

7. Nächste Schritte zum Weiterkommen

Die Genossenschaft verkauft alles über Verbrauchergruppen. Produkte, die nicht verkauft wurden, werden auf den regulären Markt gebracht. Obwohl sie ökologisch produzieren, wurde die Produktion aus Kostengründen nicht zertifiziert. Das Fehlen eines Zertifikats macht die Produkte auf dem Markt weniger wertvoll.

Die Genossenschaft will sich mehr auf Mehrwertprodukte auf Basis von Milch konzentrieren. Die Mitglieder der Genossenschaft haben in ein Gebäude investiert, um eine Käserei einzurichten. Das Genehmigungsverfahren war eine große Herausforderung. Die Genossenschaft möchte den Melkvorgang automatisieren. Allerdings würde das automatisierte Melken weniger Mobilität zulassen. Es gibt zwar Technologien, die mehr Mobilität ermöglichen, aber sie sind teuer.

8. Zitat und Empfehlung des Unternehmers

Dort zu leben, wo du willst, wie du willst und nach deinen Prinzipien, ist der größte Gewinn. Den Mitgliedern der Kooperative macht es großen Spaß, ihr Projekt mit anderen zu teilen, Menschen aufzuklären und den Pastoralismus zu fördern.

Sie empfehlen, in einem Team zu arbeiten, wenn es um eine umfangreiche Tierhaltung geht, denn es ist unmöglich, alles allein zu machen. Du brauchst Menschen, auf die du dich verlassen kannst. Weiden sind unerlässlich. Bei dieser Art der Produktion musst du direkt an den Verbraucher verkaufen, sei es über Verbrauchergruppen, Restaurants oder direkt an den Endverbraucher. Du musst sorgfältig planen, wohin du das Vieh zum Schlachten und Zerlegen bringst. Es ist eine komplexe Welt. Die Logistik für die Auslieferung der Produktion kann eine Herausforderung sein, denn sie erfordert Genehmigungen, Infrastruktur, Fahrzeuge und Einrichtungen.