Fallstudien

Landwirtschaft und Bildung in städtischen Gebieten

>
>

Landwirtschaft und Bildung in städtischen Gebieten

Inhalt

1. Einleitung

Marie Bréon, die Leiterin des Vereins „Bergeries en ville“ (Schäfereien in der Stadt), betreibt seit 2010 Öko-Weidehaltung (oder städtische Weidewirtschaft). Ihre Schafe und Ziegen weiden auf etwa fünfzehn Grundstücken in Clamart und Umgebung. Der Verein hat Verträge mit Gemeinden und privaten Unternehmen abgeschlossen, die ihm die Nutzung dieser Flächen erlauben. Die Aktivität hat auch eine soziale und pädagogische Dimension, da sie im Herzen des Pariser Ballungsraums liegt.

2. Grundlegende Informationen

Hauptträgers

Marie Bréon

Beginn der Praxis

2010

Standort
Beteiligte Organisationen
  • Hirtin
  • Private Landeigentümer
  • Öffentliche Landeigentümer
  • Kommunen
  • Schulen, Kultur- und Bildungsvereine, Altenheime
Gesamtfläche der bewirtschafteten Flächen in ha
  • Die Vereinigung betreibt derzeit städtische Weidewirtschaft auf 14 verschiedenen Grundstücken, die insgesamt einige Dutzend Hektar groß sind.
Eigentumsverhältnisse an dem für die Wanderweidewirtschaft genutzten Land
  • Gepachtetes privates Land
  • Gepachtetes öffentliches Land
Grundlegende Produkte

Bis vor kurzem hat der Verein noch nichts produziert. Der Verband führt jedoch viele Aktivitäten durch, die den Menschen die Möglichkeit geben, die Welt des Bauernhofs und der Natur zu entdecken, und die Umweltbildung fördern. Außerdem wirbt der Verband in der breiten Öffentlichkeit für die Wanderweidewirtschaft.

NUTS3-Region
FR105 Hauts-de Seine
  • Main Farm

    Farm

Glossar

3. Situation vor der Inbetriebnahme/ Veränderung/ Fortführung

Marie Bréon, 30 Jahre alt, hat einen Hintergrund in dekorativer Kunst und Szenografie. Sie hat den Verein „L’Enfance de l’Art“ (Kindheit der Kunst“) übernommen, der 1990 von ihrer Mutter gegründet wurde. Der Verein widmete sich verschiedenen Aktionen zur Sensibilisierung für die Natur. Im Jahr 1998 bezog der Verein ein verlassenes Jagdhaus im Park von Saint-Cloud und schuf die „Ferme du Piqueur“. Bis 2018 beherbergte die „Ferme du Piqueur“ 150 Tiere (Kühe, Schafe, Pferde, Schweine …) und bis zu 7 Angestellte, die für den Empfang der Öffentlichkeit bei Workshops zuständig waren (30.000 Menschen pro Jahr). Die Öko-Weideaktivität begann 2010 auf einem Hang in Issy-les-Moulineaux, einem südwestlichen Vorort von Paris. 2018 musste der Verein den Park von Saint-Cloud verlassen, aber die Schafe und Ziegen wurden behalten, um die städtische Weidewirtschaft fortzusetzen. Der Verein fand eine neue Basis auf einem Bauernhof in der Stadt Clamart, ein paar Kilometer südwestlich von Paris. Der Bauernhof wird von der Gemeinde kostenlos zur Verfügung gestellt, im Gegenzug für die ökologische Weidehaltung in der Stadt und für die Organisation von Veranstaltungen. Ein neuer Verein wurde gegründet: „Bergeries en ville“ („Schäfereien in der Stadt“).

4. Beschreibung der Wanderweidewirtschaft

Landschaftstyp

Die Herde nutzt städtische oder stadtnahe Gebiete. Die Parzellen, auf denen die Herde weidet, können Gärten, Parks, Rasenflächen oder sogar Brachland oder zu rodende Flächen sein. 

Der Hof ist ein 70 m² großes Gebäude, das aus zwei Räumen besteht. Das Gebäude wird hauptsächlich für den Empfang der Öffentlichkeit und zur Lagerung von Ausrüstung, Vorräten und Getreide genutzt. Zwei Ställe beherbergen die Schafe im städtischen Park neben dem Gebäude. Ein Bowlingplatz wurde zum Herzen des Bauernhof umgewandelt. Die Stadt Clamart stellt ein mehrere Hektar großes Gelände am Hang zur Verfügung. Das Gelände liegt nur zehn Minuten Fußweg vom Gebäude entfernt. Alle genutzten Grundstücke (insgesamt 14) sind Öko-Weideland.

Tierart/ Rasse

Die Schafe gehören verschiedenen Rassen an: Thônes et Marthod, Ouessant, Ouessant-Saint-Malo, Kreuzung Suffolk-Ouessant, Mérinos de Rambouillet, Solognote … Die aus Savoyen (Nordalpen) stammende Schafrasse Thônes et Marthod eignet sich am besten für diese Art von Aktivität. Die Schafe sind leicht zu bewegen und ihre geringe Größe eignet sich besonders für kleine Parzellen. Die Ziegen sind von der Rasse Poitevin, Alpine oder Rove (Region Marseille). Zusätzlich zu den 30 Schafen und 7 Ziegen hält der Verein derzeit (Anfang 2023) 40 Hühner, 40 Kaninchen und 8 Meerschweinchen.

Bewegungsmuster

Der Verband praktiziert eine kurze, horizontale Wandertierhaltung, die von den Tieren in städtischen Gebieten durchgeführt wird, d.h. eine städtische Wandertierhaltung. Die Entfernungen betragen oft ein paar hundert Meter oder einen Kilometer, selten mehr. Die Tiere können der Einfachheit halber auch in Transportern gefahren werden, aber die meisten Transporte werden zu Fuß durchgeführt.

Angesprochene Märkte/ Produktverkauf

Derzeit stellt der Verband nur 300 Seifen aus Schafsmilch her. Neben den Aktivitäten zur Förderung des Natur- und Umweltbewusstseins (Kunst- und Naturworkshops, Interventionen in Schulen) stellen die Öko-Weideverträge eine wichtige Einnahmequelle für den Verein dar. Mit den Verträgen kann der Verein die Gehälter von zwei seiner derzeit fünf Angestellten finanzieren.

Bedrohungen und Herausforderungen

Nicht der Eigentümer des Betriebs und des Landes zu sein, ist eine der größten Bedrohungen für die Tätigkeit. Das ist eine Form der Unsicherheit, da die Tätigkeit von den Gemeinden und damit von den Wahlen abhängt. Wenn sich die Mehrheitsverhältnisse ändern, können bestimmte Vorteile in Frage gestellt werden, z. B. die kostenlose Überlassung von Räumlichkeiten oder Land. In großen städtischen Gebieten verhindern die Grundstückspreise fast den Zugang zu jeder Form von Eigentum. Diese Unsicherheit kann auch ein Problem für die Tiere darstellen, die bei Vertragsende ihr Weideland verlieren könnten. Ein weiteres Problem in der Stadt ist der Mangel an Tierärzten, die auf Schafe und Ziegen spezialisiert sind. Und schließlich können Hunde, die nicht an der Leine geführt werden, eine Gefahr für die Tiere darstellen.

Der Verband versucht, seine Aktivitäten zu diversifizieren. Zusätzlich zu den Verträgen mit den Gemeinden entwickelt er Partnerschaften mit privaten Unternehmen. Der Verband hat außerdem eine therapeutische Mikrofarm in einem medizinischen Altersheim in Paris eingerichtet.

5. Getroffene Entscheidungen

Begründungen

Die Wandertierhaltung begann aus praktischen Gründen (Schwierigkeiten bei der Landbeschaffung) und wird mit verschiedenen Zielen fortgesetzt: ökologisch, wirtschaftlich, sozial und erzieherisch.

Entscheidung für die Tierart/ spezifische Rasse

Die Rassen werden nicht speziell ausgewählt. Der Verein fungiert als Pflegefamilie im Rahmen einer Partnerschaft mit der „Brigitte-Bardot-Stiftung“ für Tierschutz. Er nimmt auch alte Schafe auf, die nicht mehr für die Produktion geeignet sind und von befreundeten Züchtern an den Verein abgegeben werden.

Entscheidung für das Produktionssystem

Die Leistung der Tiere steht bei dieser Aktivität nicht im Vordergrund.

Diversifizierung des Einkommens

Die Wolle, die von Marie Bréon selbst gewaschen und gesponnen wird, wird in pädagogischen Workshops verwendet. Im Jahr 2023 wird diese Wolle in einer neuen Aktivität ausprobiert. Die Fabrik Tricots Jean Marc in Clamart wird Mützen und Socken herstellen. Marie Bréon weist darauf hin, dass die Einwohner auf diese Produkte warten. In kleinen Mengen könnten sie gelegentlich verkauft werden, zum Beispiel auf dem Weihnachtsmarkt.

Multifunktionale Aspekte

Die Sozialarbeit, die mit den Tieren in der Stadt geleistet wird, ist wichtig. Das Weiden der Tiere in der Stadt führt zu vielen Diskussionen, Treffen und Erklärungen. Die Beziehungen zu den Einwohnern sind sehr positiv und die Aktivität trägt zum Wohlbefinden der Stadt bei.

In ökologischer Hinsicht, aber auch in Bezug auf finanzielle Einsparungen, hat die Aktivität positive Nebeneffekte für die Städte: weniger Benzin, weniger Einsatz von Maschinen und weniger Lärm, da die Tiere die Freischneider ersetzen). Außerdem ergänzen die Tiere die Arbeit der Gärtner/innen, indem sie das Mähen von schwer zugänglichen Flächen ermöglichen.

6. Ausbildung/Fähigkeiten, um das "Geschäft" aufzubauen

Es gibt keine spezielle Ausbildung für die städtische Weidewirtschaft, aber Ausbildungskurse für Hirten, zum Beispiel in Frankreich, können hilfreich sein. Die ökologische Weidewirtschaft ist eine schnell wachsende Aktivität, vor allem in großen Ballungsräumen.

7. Nächste Schritte zum Weiterkommen

Der Verein möchte die Seifenproduktion fortsetzen, braucht dafür aber Platz. Er möchte auch die Öko-Weideaktivität ausbauen. Dafür braucht der Verein jedoch ein Elektrofahrzeug und muss neue Verträge abschließen. Einige Rathäuser verlangen jetzt in ihren Ausschreibungen für die Pflege von Grünflächen eine Öko-Weidekomponente. Es gibt also neue Absatzmärkte und einen Bedarf an angestellten Schafhirten für diese Tätigkeit. In der Region Paris haben sich in letzter Zeit mehrere spezialisierte Unternehmen niedergelassen.

8. Zitat und Empfehlung des Unternehmers

Um mit der ökologischen Weidehaltung zu beginnen, ist es wichtig, Schafrassen zu bevorzugen, die leicht mit Menschen in Kontakt kommen. Es ist auch ratsam, eine Vorstudie durchzuführen, um potenzielle Kunden zu finden. Heute entwickelt sich die Öko-Weidehaltung in großen Städten, aber auch in kleineren Städten und Dörfern. Die Öko-Weidehaltung erfordert ein gewisses Maß an Organisation: strenge Gesundheitsüberwachung, Reise-/Wanderanträge bei Rathäusern und Präfekturen und die Fähigkeit, 24 Stunden am Tag auf den kleinsten Anruf zu reagieren, da die Tätigkeit in einem städtischen Umfeld ausgeübt wird. Eine Ausbildung im Umgang mit Tieren ist unerlässlich, und die Fähigkeit, die Tiere zu beobachten, ist unerlässlich. Grundkenntnisse in Pflege und Botanik sind wichtig, um giftige Pflanzen in einem städtischen Umfeld zu erkennen. Schließlich sollte auch der Aspekt der Information und Kommunikation nicht vernachlässigt werden. So müssen zum Beispiel Tafeln oder Informationsmaterial über Fütterung, Vergiftungsrisiken usw. erstellt werden.